Calw trotzt der EM und der Sturmwarnung

Trotz EM 2016 hat Calw auch 2016 wieder zu "Calw rockt" eingeladen und das kleine aber feine Festival extra auf einen spielfreien Freitag gelegt. Und mit "The Sweet", "The "Hooters" und Suzie Quatro ein Programm für den, nennen wir es mal, "reiferen" Rock-Fan angeboten.

Trotz Verzögerungen beim Einlass durch etwas über-motivierte Security-Kräfte ging es pünktlich um 19:00 Uhr mit The Sweet los - zeitgleich aber leider auch ein 30 minütiger Dauerregen, der Schlimmeres befürchten ließ.

The Sweet in Calw

Von den Sweet, die die Älteren unter uns noch aus den 1970er Jahren kennen, ist nur noch Gitarrist Andy Scott übriggeblieben. Mit Peter Lincoln am Bass und Lead-Gesang, Bruce Bisland an den Drums und Tony O'Hara an Keyboards und Gitarre ist man aber 2016 gar nicht so weit weg vom Sound dieser Glam Rock Legende wie man ihn von früher kennt. Recht geschickt spielen sie ihre großen Hits wie "Ballroom Blitz" oder "Teenage Rampage" live eine Spur härter als früher und haben das Publikum schnell im Griff. Und noch geschickter gehen sie mit ihre ersten Erfolgen von vor 1973 um, als sie eher eine Pop- denn Rock Band waren. Andere Bands würden Songs wie "Poppa Joe" oder "Co-Co" einfach nicht mehr spielen, The Sweet machen sich aber bei Festivals (im Gegensatz zu ihren Auftritten in Rock Clubs) den Spaß diese unplugged zu spielen. Und Andy Scott erzählt warum: am Schönsten sei es für ihn, die "harten Typen" mit Heavy Metal T-Shirts zu sehen, die dann mitsingen!

Ich hatte The Sweet vorher live nicht gesehen und stelle nun fest: live sind die prima, auch wenn natürlich ein unglaublicher Nostalgie-Faktor von dieser Band ausgeht. Höhepunkt war für mich "Love is like Oxygen", in das Keyboarder Tony O'Hara Teile von Emerson, Lake & Palmer's "Fanfare for the Common Man", wohl als Reminiszenz an den kürzlich verstorbenen Keith Emerson, einbaute.

Weiter ging es mit meiner Lieblingsband aus Philadelphia, die es nun auch seit 36 Jahren gibt und seit mehr als 20 Jahren hauptsächlich durch Deutschland und Schweden touren.
The Hooters in Calw

Ich hatte ja gehofft, dass die Hooters zuletzt spielen, aber laut dem "Schwarzwälder Boten" besteht Suzie Quatro darauf, immer als letzte zu spielen. Reduziertes Programm also für die 6 Musiker und eines ist klar: sie werden es nicht schaffen, all die Hits (die eigenen und die, die sie für andere Künstler geschrieben haben) in ein 75 minütiges Konzert zu packen.

Mit dem etwas unbekannteren "I'm alive" ging es los, bevor dann der Hitreigen eröffnet wurde: "Day by Day" All you Zombies", "500 Miles", Satellite", und überraschend früh "Johnny B", dem Über-Hit der Hooters in Deutschland. Trotz Zeitdruck war auch Platz für Raritäten: das in Fankreisen entweder heiß geliebte oder aus tiefstem Herzen gehasste "Morning Buzz" wurde mal wieder gespielt und "Give the Music Back" wurde wunderbar um-arrangiert und mit einem neuen, langem instrumentalen Intro versehen.
The Hooters Calw

Neue Songs? Leider mal wieder Fehlanzeige, dafür wurden aber viele Songs mit neuen Intros versehen, sodass man als treuer Fan doch ab und zu mal rätseln konnte, was denn als nächstes  kommt. Meine Höhepunkte in diesem viel zu kurzem Konzert: "Graveyard Waltz / 500 Miles", "Give the Music back" und das hooterisierte Don Henley Cover "Boys of Summer".

Und zum Schluss gab es dann noch mal wieder die Hooters auf deutsch mit der ebenfalls hooterisierten Fassung von Peter Schillings "Völlig losgelöst", für mich das einzige Manko dieses Konzerts. Warum Manko? Nun: Eric Bazillian und Rob Hyman haben so viele gute Songs geschrieben, dass Cover Versionen eigentlich nicht nötig sind und wenn, dann merkte man früher, dass es Herzensangelegenheiten waren wie zum Beispiel "Lucy in the Sky with Diamonds" oder das schon erwähnte "Boys of Summer". "Völlig losgelöst" hingegen wirkt auch mich zu berechnend, so nach dem Motto: 1980er Hit Band spielt die größten Hits der 1980er.
The Hooters Calw

Zu Suzie Quatro kann ich fundiert nicht viel berichten: trotz in meinen Augen und Ohren exzellenter Band klang ein Lied wie das andere, egal, ob es sich um Suzie Quatro Songs oder um Neil Young's "Rocking in a free world" handelte. Das, und die Tatsache, dass die Unwetterwarnungen für den Kreis Calw immer dramatischer klangen, führte zum vorzeitigen Verlassen des knuffigen Festivals in der Hermann Hesse Stadt Calw. Bis nächstes Jahr!

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Blues Pills Ticket