Calw rockt wirklich!

Im Prinzip eine interessante Sache, was da einmal im Jahr in Calw durchgeführt wird: der wunderschöne Marktplatz, umrahmt von jahrhundertealten Fachwerkhäusern, wird eingezäunt, eine große Open-Air Bühne wird aufgestellt und fertig ist eine der sicherlich schönsten Locations in Deutschland für ein Rock-Festival. Vor 8 Jahren war ich schon einmal bei "Calw rockt" und hatte leider viel Negatives erlebt: der Marktplatz, ein langer Schlauch, war zu voll und nur in der vorderen Hälfte hatte man Sicht auf die Bühne und guten Sound. Diesmal war es zum Glück bedeutend besser, da nicht so voll. Einziger Wermutstropfen dieses Jahr: wer einmal das Festivalgelände betreten hatte, durfte nicht wieder raus. Schade, denn bei 4 Bands die von 17 bis 24 spielten und einem sehr begrenztem kulinarischen Angebot auf dem Festivalgelände hätten wir gerne die Gelegenheit genutzt, uns zwischendurch das schöne Calw näher anzusehen. Stadtmarketing Calw: hier besteht noch Verbessserungsbedarf. Andererseits ist es natürlich der Stadt Calw hoch anzurechnen, ein solches Festival mitten in der Stadt durchzuführen und das Konzertende auf späte 24 Uhr anzusetzen. Respekt!

Los ging es für uns um 18:30 mit 10cc. Wohlwollend gesagt waren 10cc die richtige Band zum Beginn des Festivals - Stichwort: lassen wir den Abend mal langsam angehen, allerdings waren große Teile des 1,5 stündigen Auftritts schlicht langweilig, wenn auch bei exzellentem Sound. Erst zum Ende hin, als die Hits ausgepackt wurden (I'm not in love, Dreadlock Holiday) kam Stimmung auf.

Mother's Finest um 20:30 ließen wir dann aus, um besagtes beschränktes kulinarisches Angebot zu testen - Funk Rock ist nicht so unser Ding. Die letzten Songs schauten und hörten wir uns dann aber doch an und auf alle Fälle sorgten Mother's Finest für wesentlich mehr Stimmung als 10cc.

Aber gekommen waren wir natürlich wegen der Hooters, die man sowohl bei 10cc als auch bei Mother's Finest schon am Bühnenrand sehen konnte, wie sie aus der Bühnenperspektive heraus den Marktplatz fotografierten. Los ging es mit "Pissing in the Rhine", einem Song, der mit Ausnahme des Refrains in Deutsch gesungen wird und an dem sich die Geister scheiden: die einen halten das Stück für einen prima Partysong, die anderen (und dazu zähle ich mich) finden es schade, dass eine gewisse Diskrepanz zwischen dem Niveau der Musik und dem des Textes besteht. Egal, der Song ist nur 2,5 Minuten lang und dann rollte die Hooters Hit Maschinerie: mit "Day by Day", "Southferry Road" und "Fighting on the same side" wurden die ersten Klassiker gespielt und die "Zombies" wurden noch bei Tageslicht präsentiert. Man merkte, dass die Band versuchte, möglichst viele Songs in ihre 1,5 Stunden zu packen: kaum war ein Lied zu Ende fing schon der nächste an. Und auf das allseits beliebte Jamming wurde diesmal ebenfalls verzichtet, nur bei "500 Miles" gab es ein schönes "Duell" zwischen Eric Bazilian an der Mundharmonika und Tommy Williams, der noch immer, wie auch bei der Frühjahrstour Erics Gitarrenpart übernimmt, obwohl Eric nach seiner Schulterverletzung schon wesentlich beweglicher wirkt und es sich nicht nehmen lässt, hier und da zur Gitarre zu greifen. Die Setlist war natürlich reduziert: es gab kein "Morning Buzz" und auch für "One of Us" war leider kein Platz, allerdings für "Silver Lining" einem der 3 neuen Song der 5x5 EP, die für Fans sehr zu empfehlen ist. Und auch mit reduzierter Setlist zeigten die Hooters, gerade im direkten Vergleich zu "10cc" und "Mother's Finest", was sie zu einer der besten Live Bands auf diesem Planeten macht: ihre unglaubliche Vielseitigkeit, die man auch daran erkennen kann, was für Instrumente auf der Bühne neben dem normalen Rockequipment zum Einsatz kommen, ohne das Blockflöte, Harmonika, oder Mandoline aufgesetzt wirken.

"Johnny B." läutete das Finale ein und mit der Hooters Version des Hyman/Lauper Titels "Time after Time" verabschiedeten sich die Hooters musikalisch. Auf der Bühne blieben sie aber trotzdem noch, um sich vor der schönen Fachwerkhauskulisse und den 2700 Fans (laut Veranstalter) fotografieren zu lassen. Und Schlagzeuger David Uosikkinen konnte offenbar von dieser Atmosphäre nicht genug kriegen und blieb immer noch auf der Bühne, um sich selbst vor dem Marktplatz zu fotografieren.

Fazit: Calw rockt 2010 hat mir wesentlich besser gefallen als Calw rockt 2002. Dazu haben 2 Dinge beigetragen: ein nicht so überfülltes Festivalgelände und ein grandioser Auftritt einer der sympathischsten und besten Live Bands.

Ticket Calw rockt 2010