Herbert Grönemeyer, 16. Mai 2003, Karlsruhe, Wildparkstadion

Musik nur wenn sie langsam ist

Eines der interessantesten Phänomene in Deutschland ist sicherlich das Comeback von Herbert Grönemeyer durch sein "Mensch" Album. Quer durch alle Altersschichten ist Herber mega-angesagt und so kann er bei seiner 2003 Open Air Tournee zum einen auf ausverkaufte Stadions schauen und zum anderen aus dem Vollen schöpfen in Bezug auf Open Air taugliche Spezialeffekte. Trotz mehrere Open Air Termine im Südwesten (Ludwigshafen, Karlsruhe und zum Abschluss Stuttgart) war also auch das Wildparkstadion mit 35000 Zuschauern restlos ausverkauft (ok, SWR 3 sprach von 43000 Zuschauern, aber der einstmals gute Sender neigt in letzter Zeit doch mächtig zu Übertreibungen wenn, wie hier, ein Event von SWR 3 gesponsert wird.)

Mit "Blick zurück" ging's los: die Band noch hinter einem Vorhang mit "Mensch" Logo versteckt tänzelt Herbert auf einem Catwalk durch die Fans im vorderen Stadion Viertel. Begeisterung musste er erst gar nicht wecken, die war schon lange vor Konzertbeginn vorhanden wie La Ola's durch das Stadion eine Stunde vor Beginn zeigten. Mit dem Klassiker "Was soll das?" wurde der Vorhang gelüftet und zeigte, wo es diesen Abend lange gehen soll: Band + Streicherensemble auf einer Riesenbühne samt einer Lightshow vom allerfeinsten. Nur zeigte sich das leider nicht allen Fans: trotz einer wirklich gigantischen Bühne war dieselbe einfach zu niedrig, als das Menschen unter 1,95 im Innenraum die Band überhaupt sehen konnten. Videowände? Waren natürlich da, hingen aber auch deutlich zu niedrig.

Der guten Stimmung tat dies aber keinen Abbruch: ob Neues, wie "Neuland" oder "Viertel vor", oder Klassiker wie "Männer" oder "Halt mich": das Stadion tobte.
Eine exquisite Band war es auch, die Herbert begleitete: 2 Gitarristen, Bassist, Schlagzeuger, Percussionist und erwähntes, aus Holland stammendes, Streicherensemble machten eigentlich alles richtig, wenn da nicht der oder die Soundmixer gewesen wären: bei langsamen Liedern war alles im grünen Bereich, bei den schnellen, rockigen Nummern aber war es eine Katastrophe: Herbert und die Gitarren waren kaum zu hören und was da aus den Boxen quoll, war kein Sound, sondern ein Brei. Ausnahme: "Männer", live gitarrenlastiger als auf Platte, kam amtlich rüber im Gegensatz zu "Bleibt alles anders" was gut begann und dann im Soundbrei unterging.

Was der Soundmixer verdarb wurde durch die Bildregie und die Lightshow allerdings mehr als wett gemacht. Bildregie? Richtig, denn neben den üblichen Videowänden links und rechts von der Bühne bestand der Bühnenhintergrund aus beweglichen Videowänden, auf die mal die Band, mal das Publikum oder zum Song passende Bilder oder Filme zu sehen waren. Als wäre das nicht genug erschien zum Titelsong des letzten Albums "Mensch", der gleich zweimal gespielt wurde, ein gigantischer aufblasbarer Eisbär. Und zum Ende sorgten mehrere Konfettikanonen dazu, dass bei Herberts Sambanummer ("Ich dreh hier schon seit Stunden...") Volksfeststimmung aufkam. Und immer wenn man dachte, dass eigentlich alle Hits doch schon gespielt worden waren, krammte Herbert noch einen aus seiner langen Karriere hervor: ob dass etwas langweilig daher kommende "Luxus" oder der Rocker im AC/DC Stil "Vollmond": jeder konnte so ziemlich alles mitsingen.

Insgesamt ein sehr gutes Konzert, dass allerdings besser hätte sein können, wenn der Sound..., nun ja , ich wiederhole mich. Aber vielleicht war der Mixer genauso nervös wie Herbert und seine Band: denn schliesslich sass die Mutter des Schlagzeugers im Publikum und das kann schon zu Übermotivation samt daraus resultierender Fehler führen.

© 05/2003 by Hans-Georg Krumm
URL: http://www.hgkrumm.de/groenemyer160503.html 

Home
email
Konzertkritiken
Gästebuch
Alte Homepage
Photoalbum