Endlich Jeff Lynnes musikalisches Universum mal wieder live

Es ist unglaubliche 35 Jahre her, dass ich ELO zuletzt live gesehen habe, auf ihrer "Time" Tour 1982 in der Kölner Sporthalle - hier ist  das Ticket von damals zu finden. ELO hatten ihre ganz große Zeit Ende der 70ger, Anfang der 80ger als ihr ganz eigener Mix aus Klassik und Pop/Rock für zahlreiche Erfolgsalben und unzählige Hitsingles sorgte. Der Versuch von ELO Mastermind Jeff Lynne den Sound den aufkommenden elektronischen Moden der 80ger anzupassen war nicht von Erfolg gekrönt und so legte er ELO 1986 nach ihrem letzten Hit "Calling America" auf Eis. Zwar machten einige Band Mitglieder ohne Jeff Lynne als ELO Part II weiter, aber das war etwa so, als würde die E-Street Band ohne Bruce Springsteen spielen.

Jeff Lynne machte als Produzent und Songschreiber weiter und half unter anderem Tom Petty dessen erfolgreichste Alben aufzunehmen, einem seiner großen musikalischen Helden, dem Beatle George Harrison zu seinem Comeback in den 80gern und wurde 1995 von den damals 3 verbliebenen Beatles beauftragt aus Songschnipseln von John Lennon die erste Beatles Single seit dem Split der Fab 4 1970 zu produzieren. Und als wäre das alles nicht genug, formte er mal schnell mit Roy Orbinson, George Harrison, Tom Petty und Bob Dylan (!) für 2 Alben die Traveling Wilburies.

2001 folgte dann mit Album Zoom der erste Versuch ELO wiederzubeleben. Die geplante USA Tour wurde aber mangels Nachfrage bis auf 2 Promo Gigs gecancelt - das Kapitel ELO schien für alle Zeiten beendet. 2014 dann die erste große Überraschung: Jeff Lynne's ELO wurde für ein Konzert im Lonqdoner Hyde Park angekündigt, die 50000 Tickets waren in Minuten ausverkauft und die Show kam sowohl bei Fans, als auch bei Kritikern, die ELO nie wohl gesonnen waren, extrem gut an. 2015 dann die nächste Überraschung: mit "Alone in the universe" erschien das erste ELO Album seit 14 Jahren, Jeff Lynne spielte übrigens so ziemlich alles Instrumente selbst ein. "Alone in the universe" bekam extrem gute Kritiken und plötzlich waren Jeff Lynne und ELO wieder cool - so cool, dass die nächste Überraschung folgte: Jeff Lynne, der in Interviews immer betonte, dass er Studio Arbeit liebt, das Tour Leben aber hasst, kündigte eine Welttournee an, deren einziger Stopp in Deutschland die KöPi-Arena in Oberhausen ist.

Um 20 Uhr hatte zunächst Jeff Lynnes Landesmänner "The Feeling" aus London die undankbare Aufgabe, Vorgruppe von ELO zu sein. Sie machten ihre Sache nicht schlecht, zumal den Fünfen eine gewisse musikalische Affinität zu ELO nicht abzusprechen war, allerdings litten sie unter 2 Nachteilen, mit denen alle Vorgruppen zu kämpfen haben: der Sound ist  als beim Hauptact und das Publikum wartet nur ungeduldig auf den Hauptact, vor allem dann, wenn die Wartezeit bei ELO in Jahrzehnten gemessen werden muss.

Aber dann war es endlich so weit: mit "Tightrope" eröffneten die 13 Musiker, die 2016 unter dem Namen Jeff Lynne's ELO formieren, die Show. "Tightrope" war nie ein Hit, ist aber sozusagen der Trademark Song für den ELO Sound der 70gern, als ELO aus gutem Grund noch als Electric Light Orchestra auftrat. Streicher und klassische Chöre beamen einen musikalisch in die russische Tundra, bevor die Band losrockt - diese Mischung aus Klassik und Rock wraen damals typisch für ELO und sorgten für ihre ersten Erfolge, bevor dann Jeff Lynne die Disco-Musik für sich entdeckte und Disco Elemente clever in den Sound integrierte, doch dazu später mehr.

Neben Jeff Lynne  ist Keyboarder Richard Tandy der einzige Musiker, der von damals noch dabei ist - verstärkte wurden die beiden um das, was man von ELO live erwarten darf als da wären: Drummer, 2. Keyboarder, 2 Gitarristen (neben Jeff Lynne), Bassist, Cellisten, Violisten und 2 Sänger mit klassischer Ausbildung. Dazu dann noch eine sensationelle Light und Lasershow und Projektionen in Pink Floydschen Ausmaßen - mehr braucht es nicht für einen exzellente Show, die sich vor allem aus den Hits speist, wie zum Beispiel "Mr. Blue Sky", "Living Thing" oder dem Überhit "Don't bring me down". Bei den Projektionen wurde immer wieder Bezug auf das ikonische ELO Raumschiff genommen und so reisten Band und die ausverkaufte Arena durch Zeit und Raum.

Vom aktuellen Album wurde leider nur "When I was a Boy" gespielt - für mich übrraschend wurde ein bis dato gespielter 2. Song vom aktuellen Album durch "Secret Messages" vom gleichnamigen Album ersetzt. Aber gerade, dass nicht nur die Überhits gespielten wurden, brachte zusätzliche Würze in den Abend. "Wild West Hero" mit schönem Acapella Teil versetzte einen aus dem Weltraum zurück in eine Wüstengegend der USA, "Shine a little Love" verwandelte die Arena in eine Großraumdisco (der Song stammte vom "Discovery" Album, welches von Jeff Lynne in Intervies beharrlich "Disco very "genannt wird) und dann darf acht "10538 Overture" von 1971 nicht fehlen, als das Orchestra in Electric Light Orchestra  noch richtig groß geschrieben wurde. Groß auch, wie schon vorher erwähnt, Licht, Laser und Projektionen: Raumschiffe, Asteroiden, Planeten, die Erde - ganz großes Kino also, aber immer passend.

Irgendwann geht auch das schönste Konzert zu Ende und als einzige Zugabe und als einzige Coverversion gab es den Chuck Berry Song "Roll over Beethoven", einer der wenigen Coverversionen, die besser als das Orginal ist. Klar,  dass zum Ende noch mal alle Register gezogen werden: die Streicher fangen mit Beethovens 5. Symphonie an, die Gitarren zerschneiden dieses bekannte Motiv und aus der Symphonie wird ein 50 Jahre Rock 'n' Roll Song, in den Projektionen verwandelt sich ds Raumschiff in eine Juke Box und Jeff Lynne spendiert noch ein langes Gitarrensolo, was an Marty McFlys Solo aus "Zurück in die Zukunft"  erinnert, nur ohne die Action.

Zum Ende verabschiedet sich dann Jeff Lynne, der Mann der mit Größen wie Paul Mc Cartney, George Harrison, Bob Dylan oder Tom Petty gearbeitet und diese produziert hat fast schüchtern und etwas linkisch vom Publikum - Rockstar Posen sind sein Ding nicht, er lässt lieber die Musik sprechen.

Mein persönliches Fazit: trotz des hohen Preises war hier jede Sekunde sein Geld Wert - so und nicht anders muss das musikalische Universum, dass Jeff Lynne geschaffen hat,  präsentiert werden.

[Bilder vom Konzert gibt es hier]

ELO Ticket